Es scheint notwendig zu sein, Folgendes festzustellen:

  • Die Aufnahme von Menschen, die vor Krieg flüchten oder wegen Verfolgung in ihren Ländern in Deutschland Asyl suchen, sollte eine Selbstverständlichkeit sein.
  • Das Begleiten dieser Menschen in den Ankunftsorten hier in Deutschland ist keine Eintagsfliege und es ist nicht mit der zur Verfügungstellung von Wohnraum – in welch provisorischer Form auch immer – erledigt.

Notwendig sind diese Feststellungen, weil die politischen Richtungsentscheidungen auf Bundes-, Landes- und Kreisebne eine andere Sprache sprechen.

Auf Bundes- und Landesebene sind Mittelkürzungen der aktuellen Regierungen für die Migrationsberatung in erheblichem Umfang in den anstehenden Haushalten geplant. Das wird die Kommunen hart treffen. Dass bereits die bisherige Ausstattung für die Begleitung Geflüchteter offensichtlich nicht reicht, zeigen allein im LK die Ereignisse in Fredenbeck, Nottensdorf, Bützfleth, Steinkirchen, Harsefeld.

Was muss noch geschehen, damit die landauf landab bekannten Fakten zu psychischen Erkrankungen und posttraumatischen Folgen von Krieg und Flucht auf der Landesebne und in der Kreisverwaltung zu einem Umdenken führen?

Die AWO-Beratungsstellen im Landkreis haben zurzeit in ihrer Arbeit 5000 bis 6000 Kontakte mit Geflüchteten.

1.500 Menschen von ca. 5000 Menschen mit Fluchthintergrund im Landkreis werden von den insgesamt 12 Stellen pro Jahr betreut. „Die Arbeit ist nicht weniger, sondern anders geworden,“ berichtete kürzlich der Leiter der AWO in einem Pressegespräch. Während es anfänglich um die akute Notfallbetreuung und Unterstützung bei diversen Antragsverfahren ging, steht heute die Begleitung der Person in seinem Lebensumfeld und die jeweils aktuellen Herausforderungen im Vordergrund, einschließlich der Trauma-Bearbeitung.

Seit Jahren liegen Forschungsergebnisse zu Polizeieinsätzen bei psych. Erkranken mit tödlichem Ausgang vor – keineswegs nur Migranten.

Wenn selbst die Niedersächsische Polizeigewerkschaft zu recht den Ausbau sozialpsychiatrischer Einrichtungen fordert und wenn Mitarbeiter des Soz.psych. Dienstes im LK erklären, dass sie laut gesetzl. Auftrag nicht präventiv tätig werden können – was braucht die Landkreisspitze noch, um tätig werden?

Wenn es stattdessen allein den polizeilichen Kräften obliegt, mit daraus entstehenden Gefahrenlagen umzugehen, dann ist grundsätzlich etwas verkehrt im Landkreis Stade.

Wir brauchen:

  • einen jederzeit erreichbaren sozialpsychiatrischen Notdienst im Landkreis
  • sozialpädagogische Betreuung außerhalb bzw. zusätzlich zum soz.-psych. Notdienst im Landkreis
  • Die Erreichbarkeit des LK und jeder Kommune, in der Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften leben, in Notfällen, am Wochenende und nach Dienstschluss muss gewährleistet sein
  • Wir brauchen die systematische und kontinuierliche „aufsuchenden Hilfe“ – tagsüber und in den Abendstunden.
  • Und der Landkreis muss mehr tun, um die seit Jahren vakante Arztstelle im soz.psych. Notdienst zu besetzen.

Das ist das Eine und das muss der neue Landrat und der neugewählte Kreistag schnellstens ändern!

Das Zweite, was zu betrachten ist, ist, ob die polizeilichen Kräfte im konkreten Einsatz ihren Sorgfaltspflichten nachgekommen sind.

Der Ablauf des Einsatzes muss sehr genau und mit größter Transparenz geprüft werden. Wir wollen, dass all diese Fälle öffentlich vor Gericht entschieden werden. Das hilft der Gesellschaft und das nützt der Polizei.

Wir brauchen eine polizeiunabhängige Beschwerdestelle, wo die kritischen Situationen einflussfrei untersucht werden müssen.

Aber ich sage das mit aller Deutlichkeit – Die Polizei steht hier am Ende der Nahrungskette, wenn sie die sozialpol. Defizite von Politik und Verwaltung ausbaden müssen. Es verhöhnt die Getöteten und die betroffenen Polizisten, wenn ein Herr Grundmann in Unkenntnis der Sachlage in Harsefeld aber in Kenntnis der Untätigkeit des Landkreises und der geplanten Mittelkürzungen in der Flüchtlingsbetreuung sich vermeintlich schützend vor die Polizei stellt.

  • Wir wollen keine weiteren Kundgebungen durchführen müssen, weil Menschen erschossen werden oder sich und andere gefährden.
  • Wir wollen, dass der Landkreis die Arbeit macht, die ein friedliches Zusammenleben aller ermöglicht und fördert!
  • Wir wollen die erforderliche Qualifizierung der Polizei und unabhängige Untersuchungen!