2023 20 Leserbrief
Ingrid Smerdka-Arhelger
Bezug sind die verschiedenen Presseartikel dazu und die aktuellen Wahlergebnisse.

 
Ist die Forderung „Politik aus den Schulen herauszuhalten“ oder „Schulen als neutrale Orte“ zu gestalten klug i.S.v. demokratiefördernd? Sicher ist nicht der Unterricht in den Schulen gemeint, der ist ja laut Lehrplan zwingend geboten. Gemeint sind offenbar parteipolitische Veranstaltungen in den öffentlichen Aulen der Schulen. Aber auch das verwundert. Im GG Art. 21 (1) heißt es „Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit.“ Und genau das soll ihnen in öffentlichen Räumen an Schulen untersagt werden? Ich unterstelle, dass schulische Bildung im Unterricht beinhaltet, dass Schüler*innen, sobald sie wahlberechtigt sind, ihr Wahlrecht zu Parlamenten, Landtagen usw. wahrnehmen sollten. Dafür brauchen sie ein Verständnis von Parteien als wichtige Akteure zur politischen Willensbildung, mit denen ein konstruktiver und kritischer Umgang gelernt werden muss. Wie soll das zusammengehen, wenn einerseits Parteien gewählt werden sollen, sie aber andererseits generell so stigmatisiert werden, dass sie nicht in die öffentlichen Räume an Schulen dürfen?
Vielleicht wollen die Protagonisten der Forderung auch nur die AfD nicht in den öffentlichen Schulräumen haben. Aber auch das ist im GG Art. 21 (4) geregelt: „Über die Frage der Verfassungswidrigkeit nach Absatz 2 … entscheidet das Bundesverfassungsgericht.“ Und das ist die Basis des damaligen Ratsbeschlusses. Nun steht die AfD „nur“ unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Aber auch unter Berücksichtigung dieses Tatbestandes galt es als völlig inakzeptabel, auf des grundgesetzlich verbriefte Recht der Parteien zur Mitwirkung an der politischen Willensbildung auch in öffentlich genutzten Räumen an Schulen zu verzichten, nur, weil es die AfD gibt. Was sollte dann der nächste Rückzug von einem demokratischen Recht sein, nur weil es die AfD auch nutzen kann? Angesichts der aktuellen Wahlergebnisse in Bayern und Hessen gilt umso mehr, jede Gelegenheit des Eintretens für unser Grundgesetz und unsere demokratischen Werte und jeden Ort zu nutzen. So wird ein demokratischer Schuh daraus.

Leserbrief 
Bezogen auf diverse Artikel zu Demonstranten gegen die AfD (23. und 28.9),
von Meike Heckt aus Buxtehude, Mitglied der Bürgerinitiative Menschenwürde (vgl. Pressemeldung der BI im BT vom 21.9.23)

In Zeiten, in denen menschenverachtende und rassistische Positionen von der AfD und anderen Rechten Gruppierungen vermehrt vertreten werden, sind wir als Bürgerinnen gefordert, uns öffentlich, entschieden und kritisch dem entgegenzustellen. In diesem Sinne haben erfreulich viele Buxtehuderinnen bei der von den OMAS gegen Rechts organisierten Demonstration am 22.9. ihre demokratischen Möglichkeiten genutzt, dies eindrucksvoll zu zeigen. Ja, es ist unerträglich, dass sich Anhängerinnen der AfD in öffentlichen Räumen treffen und eine Teilnahme der Öffentlichkeit ausschließen können. Weder Presse noch Schülerinnen oder Öffentlichkeit hatten Zugang. Diese Regelung, Parteien bei Veranstaltungen in öffentlichen Räumen das „Hausrecht“ auch in diesem Punkt zu übertragen, sollte dringend geändert werden. Aber der Umkehrschluss, grundsätzlich keine politischen Veranstaltungen in Schulen zu erlauben, schießt weit über das Ziel hinaus und wäre letztlich kontraproduktiv. Das wäre eine falsche Selbstbeschneidung – wie wollen wir Politik aus unserem Leben heraushalten? Stattdessen sind politische Auseinandersetzungen unerlässlich für den Erhalt einer lebendigen und kraftvollen Demokratie. Solche Debatten müssen wieder viel offensiver geführt werden, auch von Schüler*innen und in Schulen, aber in dann wirklich öffentlichen Aulen – im Sinne demokratischer Vielfalt gegen antidemokratische Positionen. Es geht darum, überall klar Stellung zu beziehen gegen Rechte Gruppen, so wie es am 22.9. in Buxtehude stattfand: laut, kreativ, bunt und kritisch.