Aktuelles aus der BI

Jetzt hat die Staatsanwaltschaft in Stade bekanntgegeben, dass sie das Verfahren gegen den Polizisten, der Aman Alizada erschossen hat, einstellt. Im Bericht des Tageblatts wird als Begründung dafür lediglich genannt, dass dieser Polizist nun (weit mehr als 1 Jahr nach den Schüssen) ausgesagt habe und sich daraus ergebe, dass er in Notwehr gehandelt habe. Auf die zentralen Argumente des Anwalts von Aman, wonach die Schusskanäle im Körper von Aman massiv gegen einen Angriff von Aman auf den Polizisten zum Zeitpunkt der Schüsse spricht, wie auch, dass von Aman vor Eintreten seiner Zimmertür durch die Polizei keine Bedrohung ausgegangen sei und damit, wenn überhaupt eine gefährliche Lage erst durch das Eintreten der Tür, also durch die Polizei entstanden sei, wird gemäß BT-Bericht nicht eingegangen. Wir als BI werden uns jetzt mit dem Niedersächsischen Flüchtlingsrat besprechen, wie wir in diesem Fall am besten weiteragieren können. Wir bleiben dran.

Nicht zuletzt auf Grund dieses Vorfalls wie auch vieler anderer Vorfälle, wo ungerechtfertigte Gewalt von einzelnen Polizisten stattfindet, planen wir eine Polizei AG aufzubauen. Sie will sich als Ansprechpartnerin bei problematischen Polizeiaktionen im Landkreis verstehen und verfolgt das Ziel, sich zu einer Beschwerdestelle gegen Polizeiübergriffe im LK Stade zu entwickeln. Sobald es losgeht, werden wir dies auch über die Presse bekanntgeben.

Bundestags- und Kommunalwahlen im September 2021: Wir werden als BI zu den Wahlen aktiv werden unter dem Motto „Wählen Sie Menschenwürde“. Konkrete Aktionen werden wir rechtzeitig bekanntgeben. Ideen und Anregungen sind willkommen.

Anerkennung der Identität von Flüchtlingen (wichtig für Vaterschaftsanerkennungen, Geburtsurkunden, Trauungen usw.): Das Standesamt Buxtehude (wie möglicherweise auch andere Standesämter im Landkreis) blockiert die Ausstellung von Papieren für Geflüchtete/bzw. legt die Rechtsgrundlage dafür extrem eng aus, sodass wir ein sachgerechtes Ermessen nicht erkennen können. Ausgehend von einem konkreten Fall wollen wir uns beim Standesamt um eine Kultur bemühen, die die Teilhabe von Geflüchteten verbessert und ihnen nicht unerfüllbare Bedingungen in den Weg legt. Wir lassen uns dabei von einem Anwalt beraten. Wir hoffen, dass wir in einem moderierten Gespräch mit der Bürgermeisterin und der Leitung des Standesamtes hier ein Stück weiterkommen. Ansonsten würden wir exemplarisch klagen. Wer selbst solche Erfahrungen mit einem der Standesämter im Landkreis gemacht hat, gebe bitte Bescheid.

Wie alle Anderen können wir zur Zeit unser monatliches Treffen nicht in Präsenz durchführen. Ein erstes digitales Treffens hat am 2.12. relativ gut geklappt. Deshalb werden wir auch unser Januartreffen am 5.1.2020 wieder online durchführen. Wer teilnehmen möchte, melde sich bitte bis 4.1.2021 unter bi-menschenwuerde.de an. Die Teilnehmer/innenzahl ist aus technischen Gründen begrenzt.


Praktisches

Der Landkreis Rothenburg Wümme hat anlässlich des verschärften Lockdowns neue Videos mit den derzeit geltenden Corona-Regeln gedreht. Bitte die Videos mit geflüchteten Menschen und auf Social Media teilen, damit möglichst viele Menschen diese sehen können. Hier die Links zu den neuen Videos:

– Arabisch: Corona-Regeln ab 16.12. im Landkreis Rotenburg (Wümme in arabischer Sprache – YouTube)

– Deutsch: Corona-Regeln ab 16.12. im Landkreis Rotenburg (Wümme in einfachem Deutsch – YouTube)

– Farsi: Corona-Regeln ab 16.12. im Landkreis Rotenburg (Wümme in Farsi – YouTube)

– Französisch: Corona-Regeln ab 16.12. im Landkreis Rotenburg (Wümme in französischer Sprache – YouTube)

Wichtige Notfallrufnummern für Familien, insbesondere für Kinder und Jugendliche in Buxtehude. In diesen Corona-Zeiten besonders wichtig zu kennen, siehe hier.

Das MigrantenElternNetzwerk Niedersachsen stellt auf dem YouTube-Kanal von amfn interessante Infos in Arabisch, Englisch und Farsi zu den Themen:
– Kita
– Grundschule
– Weiterführende Schule
– Übergang Schule – Beruf
– Bildungssystem Niedersachsenzur Verfügung.

Weitere praktisch hilfreiche Infos hier.

Hier kommt ein ganz aktueller Fernsehbericht im Zuge der großen Spendenaktion “ Hand in Hand für Norddeutschland “ aus Stade. Der NDR war im Haus der Diakonie, um einen Bericht über die „Mobile soziale Schuldnerberatung“ zu drehen. Das Projekt ist einmalig in Niedersachsen und der 4 minütige Bericht spiegelt sehr gut wieder um was es geht und dass jede/r, der/die Unterstützung braucht und nicht mobil ist, aus welchem Grund auch immer, Hilfe finden kann .
Hier der Link.


Termine

Die für den 25.1.2021 in der St. Paulus-Kirche angekündigte Lesung von Florence Brokowski-Shekete aus ihrem Buch „Mist, die versteht mich ja! Aus dem Leben einer Schwarzen Deutschen“ muss coronabedingt verschoben werden.

Heinrich-Böll-Stiftung Hamburg: Bildungsurlaub zum Thema „Polizei und Zivilgesellschaft in Hamburg – Der kritische Blick“, Montag, 07. Juni 2021 – Freitag, 11. Juni 2021 / Hamburg. Näheres dazu hier.


Hintergründe

Hier findet sich der Adventsgruß der Ökumenischen Bundesarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche e.V., der die nach wie vor aktuelle Bedeutung der Kirchenasyle zeigt.

Filiz Polat und Luise Amsberg (Grüne Bundestagsabgeordnete mit Schwerpunkt Migration) berichten am 6.12.2020 wie gewohnt von ihrer Arbeit im Bundestag:

GRÜNE ANTIRASSISMUS-AGENDA: Letzte Woche hat nun endlich der Kabinettsausschuss der Bundesregierung zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Rassismus einen Maßnahmenkatalog von 89 Punkten vorgelegt. Nach näherer Durchsicht wird klar, dass sich unter dem Kleinklein keine strukturellen, gesetzlichen Änderungen finden lassen und vieles im vagen bleibt. Die von (post)migrantischen Organisationen und Initiativen geforderte Gesamtstrategie bleibt leider aus. Wir selbst haben nach zahlreichen Gesprächen mit Zivilgesellschaft erstmalig eine eigene grüne Antirassismus-Agenda formuliert und in den Deutschen Bundestag eingebracht. Strukturelle Probleme brauchen strukturelle Lösungen. Filiz Pressemittelung mit Toni Hofreiter dazu findet ihr hier, Filiz Rede könnt ihr hier noch mal sehen und hier bei Twitter gibt es ein kurzes Video mit vielen anderen Mitstreiter:innen. Wir möchten an dieser Stelle auch nochmal auf die von der Bundeskonferenz der Migrantenorganisationen zusammen getragenen Forderungskatalog hinweisen. Denn dort wird in vielen Punkten die Landesebene adressiert. Weitere Initiativen in unserem Gesamtpaket ist unser Vorschlag zur Änderung des Grundgesetzes und zur Neuausrichtung der Antidiskriminierungspolitik.

KOLONIALISMUS: Der deutsche Kolonialismus und die damit verbundenen Kolonialverbrechen wurden bis heute nicht umfassend anerkannt und aufgearbeitet. Auch über 100 Jahre nach dem formalen Ende des deutschen Kolonialismus gibt es keine angemessene Würdigung seiner Opfer, eine offizielle Entschuldigung blieb bis heute aus. Das brutale Kapitel der rassistischen Ideologie des Kolonialismus und kolonial geprägte Denk- und Wahrnehmungsmuster der deutschen und europäischen Geschichte wirken bis heute nach. Unseren Antrag gibt es hier und Agnieszka Bruggers Rede hier. Darüber hinaus möchten wir Euch ein Autor/innenpapier zur Auseinandersetzung mit der Dekolonisation von öffentlichen Räumen ans Herz legen, an dem Filiz mitgewirkt hat.

NATIONALE MINDERHEITEN IN DEUTSCHLAND UND DER EU: Die Europäische Bürgerinitiative „Minority SafePack Initiative“ (MSPI) ist die erfolgreichste Initiative für nationale Minderheiten in Europa der letzten Jahre. Die MSPI hat innerhalb kürzester Zeit ca. 1,2 Mio. Unterschriften gesammelt, um die Rechte von sprachlichen und ethnischen autochthonen, nationalen Minderheiten in den EU-Staaten zu stärken. In Deutschland sind die Friesen, Sorben, Sinti und Roma sowie die dänische Minderheit als Minderheiten und Niederdeutsch als Regionalsprache anerkannt. Wir hätten die MSPI gerne mit einem interfraktionellen Antrag unterstützt, wie es z.B. in Schleswig-Holstein geschehen ist, doch dazu war die Union nicht bereit. Deshalb haben wir letzte Woche einen eigenen grünen Antrag eingereicht, in dem wir die Europäische Kommission zur Umsetzung der MSPI auffordern. Filiz Rede dazu seht ihr hier und hier gibt es dazu ein kurzes Video.

ILLEGALE PUSHBACKS IN DER ÄGÄIS: Seit der Berichterstattung von Report Mainz und dem SPIEGEL im Oktober, im Vorfeld derer Luise schriftliche Fragen bei der Bundesregierung eingereicht hatte, über nachgewiesene, völkerrechtswidrige Pushbacks in der Ägäis unter Beteiligung von Frontex-Beamten gerät die europäische Grenzschutzagentur und die Bundesregierung zunehmend unter Druck. Deshalb hatte unsere Fraktion im Menschenrechtsausschuss eine Befassung mit den Pushbacks beantragt. In dieser wiesen Staatssekretär Mayer (CSU) aus dem BMI sowie Staatsminister Roth (SPD) aus dem Auswärtigen Amt alle Vorwürfe einer Beteiligung deutscher Beamt/innen an solchen Pushbacks zurück. Spätestens mit den Berichten des SPIEGELs vom Wochenende ist aber klar, dass deutsche Beamt/innen im Rahmen eines Einsatzes am 10. August Mitverantwortung für eine illegale Zurückweisung durch die griechische Küstenwache tragen. Hier muss sich die Bundesregierung endlich zu äußern! Deshalb beantragen wir seit Anfang des Jahres immer wieder eine Unterrichtung im Innenausschuss mit Frontex-Direktor Leggeri. Was es jetzt braucht, ist eine stärkere parlamentarische Kontrolle sowie einen unabhängigen Überwachungsmechanismus an den Außengrenzen. Die illegale Zurückweisung von Schutzsuchenden muss endlich gestoppt und das Recht auf Zugang zu einem Asylverfahren gewährleistet werden.

INTERPARLAMENTARISCHE KONFERENZ ZU MIGRATION UND ASYL: Mitte November fand auf Initiative von Schäuble eine Konferenz aller 27 Parlamente in der EU sowie dem Europäischen Parlament zu den Themen Migration und Asyl statt, an der Luise stellvertretend für unsere Fraktion teilgenommen hat. Hauptsächlich wurde auch hier über die neuen Reformvorschläge der Kommission zum Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) gesprochen. Leider kam die Diskussion, auch aufgrund technischer Schwierigkeiten, etwas zu kurz. Deutlich wurden jedoch erneut die großen Unterschiede zwischen östlichen und südlichen Mitgliedsländern, die auch schon in den Beratungen beim letzten informellen EU-Innenministe/innentreffen anklangen. Unserer Einschätzung nach wird es der Bundesregierung trotz ihrer steten Beteuerungen nicht mehr innerhalb ihrer Ratspräsidentschaft, die Ende des Jahres vorbei ist, gelingen, politische Einigungen zum neuen GEAS-Paket oder einzelnen Verordnungen zu erzielen.

ABSCHIEBUNGEN NACH AFGHANISTAN: Es steht zu befürchten, dass im Dezember Sammelabschiebungen nach Afghanistan wieder aufgenommen werden. Vor dem Hintergrund der weiterhin eskalierenden Gewalt und dem zunehmenden Einfluss von IS und Taliban, sind Abschiebungen nach Afghanistan völlig unverantwortlich. Die Bundesregierung verweist in ihren Antworten auf unsere schriftlichen Fragen auf die angeblich verfügbare finanzielle Unterstützung für Rückkehrer, hat aber keine Antwort auf die Frage nach dem Schutz der Rückkehrer vor einer Coronainfektion. Schätzungen zufolge hat sich in Afghanistan ein Drittel der Bevölkerung bereits mit Corona infiziert, eine adäquate Gesundheitsversorgung ist nicht vorhanden. ((Mittlerweile ist in den letzten Tagen ein Abschiebeflug mit über 30 Menschen durchgeführt worden))

ABSCHIEBUNGEN NACH SYRIEN: Wie jedes Mal vor der Innenministerkonferenz (9. – 11.12.20) wird auch jetzt wieder die Debatte um Abschiebungen nach Syrien eröffnet. Der Bundesinnenminister überschreitet eindeutig die rote Linie des völkerrechtlich Gebotenen, wenn er im Vorfeld der Innenministerkonferenz den generellen Abschiebestopp für das Bürgerkriegsland Syrien infrage stellt. Rückgeführte Menschen sind in Syrien dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes zufolge einer unmittelbaren und erheblichen Lebensgefahr ausgesetzt, daran wird auch der aktualisierte Lagebericht nichts ändern. Wir stellen uns ganz klar gegen Abschiebungen in Folterstaaten. ((Die Innenministerkonferenz auf Betreiben von Herrn Seehofer hat den Abschiebestopp nach Syrien nicht verlängert, und das, obwohl die aktuelle Lagebeschreibung des Auswärtigen Amts sagt, dass in allen Teilen von Syrien weiterhin schwere Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Der Niedersächsische Innenminister Pistorius empörte sich über diese Entscheidung, indem er darauf hinwies, dass Artikel 1 GG auch für Straftäter gilt, die ja angeblich als erste abgeschoben werden sollen.))

GRUNDSATZPROGRAMM DER GRÜNEN: Und dann war natürlich noch unser erster Online-Bundesparteitag am vergangenen Wochenende. Ergebnis: Wir haben ein neues Grundsatzprogramm. Die vorläufigen Beschlüsse findet ihr hier. Im Kapitel Migration und Flucht benennen wir Migration als globale Realität, die globale Regelungen braucht. Statt Abschottung setzen wir auf Teilhabe und Perspektiven. Wir bekennen uns zu einem modernen Staatsangehörigkeitsrecht als dauerhaftes Band rechtlicher Gleichheit, Teilhabe und Zugehörigkeit und genauso, dass Menschen, die dauerhaft hier leben, ein sicheres Bleiberecht brauchen. Kein Mensch ist illegal, daher gilt für uns als Grüne weiterhin, dass Abschiebungen stets das letzte Mittel sind.

Ruhige Weihnachtstage und ein hoffentlich wieder gesunderes 2021 wünscht Allen
Barbara Erhardt-Gessenharter